Vernünftige Interessenabwägung und Respekt vor der Umwelt
Talsperren und Stauseen beeinflussen die Umwelt nachhaltig. Das ist bei jedem grösseren Bauwerk so. Diese Umweltbeeinflussungen können sowohl positiv als auch negativ sein. Im Gegensatz zur Zeit, als die meisten Talsperren in der Schweiz gebaut wurden, gewichtet heute die Gesellschaft nachteilige Auswirkungen des Talsperrenbaus viel stärker. Der Nutzen dagegen, wird heute leider oft übersehen. Es gilt, die Interessen zwischen Umwelteinflüssen und Nutzen der Talsperre vernünftig abzuwägen.
Schon das Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte von 1916 forderte die Wahrung der Schönheit der Landschaft und der Interessen der Fischerei sowie die Berücksichtigung des öffentlichen Wohls. Im Interesse der Umwelt werden zahlreiche Aspekte geprüft und in die Entscheidungsfindung miteinbezogen:
- sozio-ökonomische Auswirkungen, wie Beeinträchtigung oder Belebung der lokalen und nationalen Wirtschaft, Unterbrechung bestehender und Schaffung neuer Verbindungen, Umsiedlungen aus dem Staugebiet, Verlegung bzw. Verlust von Kulturgütern, Landschaftsveränderungen und Landschaftsschutz, touristische Gesichtspunkte;
- geophysikalische Auswirkungen, wie Geschiebeablagerung im Staubecken und Geschiebeabtrag flussabwärts, Standfestigkeit der Stausee-Ufer, Auslösung von Mikrobeben durch das Gewicht des Stausees bzw. durch den Druck des in Spalten einsickernden Wassers;
- Auswirkungen auf das Wasser, wie Veränderungen von Temperatur, Chemismus und Schwebstoffgehalt, erhöhte Verdunstungsverluste von der Stauseeoberfläche, Veränderungen im Grundwasserhaushalt um den Stausee und flussabwärts, Restwasserabfluss unterhalb der Talsperre;
- Auswirkungen auf das lokale Klima um den Stausee und unterhalb davon;
- Auswirkungen auf die Pflanzenwelt um den Stausee sowie in ihm selbst;
- Auswirkungen auf die Tierwelt zu Land und im Wasser.
Die Untersuchung dieser Aspekte erfolgt in der Schweiz im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), welche zusammen mit den Abwägungen gegenüber dem Bedarf an Elektrizität, Wasser oder Hochwasserschutz einen wichtigen Teil des Bewilligungsverfahrens bildet.
Die UVP soll auch Massnahmen aufzeigen, wie negative Auswirkungen möglichst gering gehalten und Vorteile voll genutzt werden können. Ein gewisses Mass von Beeinträchtigungen muss jedoch in Kauf genommen werden, denn alles auf dieser Welt hat seinen Preis - auch unser Wohlstand!
Wieviel Energie wir brauchen, hat weder der Talsperrenbauer noch der Umweltfachmann zu beantworten, sondern die Gesellschaft als Ganzes, also wir alle.
Manch eine Landschaft hat durch einen Stausee an Attraktivität gewonnen und ist zu einem beliebten Ausflugsziel geworden. Greyerzer See (unten) und Panixer See (rechts).
Gut ausgebildete Talsperrenfachleute
Die Tätigkeit auf des Gebiet der Talsperren ist vielschichtig. Angesichts des Fülle von Wissen verschiedener Disziplinen hat der Allround-Experte einem Team Platz gemacht, das aus Ingenieuren verschiedener Fachrichtungen, Geologen, Ökologen, Ökonomen, Juristen und anderen Berufsleuten besteht. In der Schweiz wird für Ingenieure, Naturwissenschafter, Ökonomen und Juristen im allgemeinen die Matürität und ein akademisches Studium vorausgesetzt.
Ingenieure holen sich ihr Rüstzeug auf verschiedenen Wegen:
- Maturität und Studium an einer technischen Hochschule,
- Berufslehre und Studium an einer Ingenieurschule,
- Berufslehre und Aufstieg in der Praxis zum Konstrukteur oder
- Baufachlehre und Kaderschulen für die handwerklichen Berufe beim Talsperrenbau.
An keiner Schule oder Universität wird allein in "Talsperrentechnik" ausgebildet. Allenfalls gibt es Vorlesungen zu diesem Fach. Talsperrenfachmann oder Talsperrenfachfrau wird man durch Ausbildung "on the job", durch Selbstudium und durch Fortbildung. Heute werden sich die angehenden Fachleute die Bauerfahrung im Ausland holen müssen. Projektierungs- und Bauerfahrung sind gute Grundlagen, um unsere eigenen Talsperren betreuen und ihre hohe Sicherheit bewahren zu können.